Eine Woche, wie man sie sich nur wünschen kann


07.11-13.11.2022

Der dritte Monat in den Vereinigten Staaten ist nun schon vorbei und er endete mit einer sehr guten Woche. Das College läuft routiniert und die Lehrer sind sehr zufrieden mit mir, ich konnte bei Konflikten vermitteln und hatte neben der Wahlbeobachtung genug Freizeit mit einigen schönen Aktivitäten. Inzwischen kommt es mir schon etwas so vor, als bin ich mehr bei den Franzosen oder unterwegs als Zuhause.

Dank guter Mitarbeit einen Tag frei vom psychologieunterricht

Diese Woche waren die Midterms (Zwischenwahlen) der US-Demokratie und viele befürchteten eine rote, republikanische Welle, die ausgeblieben ist. Die Psychologielehrerin hat sogar extra Punkte für ihren Kurs angeboten, wenn man sich nur zur Wahl registrierte, was ich leider nicht wahrnehmen konnte. Daraufhin hat sie mir gesagt, dass ich eigentlich keine Extrapunkte brauche. Stattdessen bekomme ich den Tag vor Thanksgiving frei. Diesen Kompromiss ist sie wegen meiner scheinbar guten Mitarbeit eingegangen, die für meine deutschen Verhältnisse eher mittelmäßig ist aus meiner Sicht. Obendrauf hat sie mir sogar überraschend noch die Extrapunkte gegeben.
Auch den Politikkurs konnte ich schon zur Hälfte abschließen, woran mir deutlich geworden ist, wie schnell die Zeit vergeht. Es sind nur noch wenige Wochen in diesem Semester und trotz der steigenden Anforderungen komme ich inzwischen gut zurecht.
Für das nächste Semester möchte sich die Leiterin des Kindergartens vom College mit mir nächste Woche unterhalten und mich gegebenenfalls einstellen. Das Problem ist nur, dass ich dort nur 25h pro Woche arbeiten kann, was einen zweiten Job nötig machen würde. Daher werde ich mich in der kommenden Woche intensiver mit der Jobsuche auseinander setzen müssen. Lustig zu erwähnen ist aber auch, dass ich postalisch zum Militärdienst der USA eingeladen wurde. Das kann ich aber nicht annehmen, da ich kein US-Bürger bin und ich das auch gar nicht möchte.

Midterms in Ohio

Im Vorfeld der Zwischenwahlen gab es viele Medienberichte und Prognosen, dass die Republikaner wieder viele Stimmen dazu gewinnen könnten. Einige Nachrichtensender und Politiker sahen schon die Demokratie gefährdet. Es wurde der Senat, das Repräsentantenhaus sowie Gouverneure (vergleichbar mit den Ministerpräsidenten der Bundesländern) und einige andere Positionen, wie Richter neu gewählt. Es gab auch Abstimmungen zu konkreten Vorhaben und Thematiken (Issues), wie zum Beispiel Steuern verwendet werden.
Meine Gasteltern sind politisch sehr interessiert und haben mir die Möglichkeit gegeben, sie bis zum Wahlautomat zu begleiten als Assistenz.
Im Vergleich zu Deutschland bekommt man als Wähler einen kassenzettelartigen Wahlschein, den man in eine Maschine steckt und dann digital an dem Stand abstimmt. In unserem Wahlkreis standen 33 verschiedene Wahlen zur Verfügung und es dauert eine Weile bis man sich durch alle geklickt hat. Es sind sogar Spickzettel erlaubt, da sich viele nicht merken können, was sie bei 33 Abstimmungen genau wählen wollen. Die Wahlautomaten stehen in einem kleinen Raum einer Kirche mit circa sieben Stück pro Reihe und ohne Sichtschutz zum Nachbarn. Das hat mich sehr überrascht, ebenso dass ich bis zum Wahlautomaten die ganze Zeit dabei sein kann.
Am Ende bekommt man einen Aufkleber als Bestätigung, dass man gewählt hat.
Die Ergebnisse stehen auch nach einigen Tagen noch nicht vollständig zur Verfügung, da jeder Bundesstaat auch für die bundesweite Ebene eigene Regeln hat. In Georgia werden zum Beispiel noch wegen dem knappen Ergebnis Neuwahlen stattfinden. Inzwischen sieht es so aus, als können die Demokraten den Senat für sich entschieden. Eine Übersicht gibt es hier.
Interessant ist dabei zu sehen, dass vor allem in städtischen Bereichen und an den Küsten die Demokraten wesentlich führen, während im Landesinneren und ländlicheren Regionen Menschen tendenziell eher für die konservativen Republikaner stimmen. Das ist sehr vergleichbar mit Deutschland.

Wahlergebnisse/-prognosen laut Google
Friendsgiving und neue dinge ausprobieren

In dieser Woche gab es außerschulisch vier größere Aktivitäten mit den anderen internationalen Studenten. Alle waren sehr unterschiedlich und schön.
Auch wenn die erste Angelegenheit, einen Konflikt unter den Franzosen helfen zu lösen, auf den ersten Blick nicht schön ist, bin ich sehr froh, dass das „Gröbste“ beseitigt ist und ich mit einem langen Spaziergang und Vermittlung etwas dazu beitragen konnte. Belohnt haben wir uns mit einem gemeinsamen Spielabend mit Eis. Dafür habe ich für meine Gastfamilie am Donnerstag etwas eher gekocht. Es gab sehr leckere Soljanka, natürlich ohne Fleisch.
Am Freitag konnten wir uns wieder den Bauch vollschlagen, als wir zum Friendsgiving in die Kirche eingeladen wurden. Das ist wie Thanksgiving und jeder bringt etwas aus seiner nationalen Küche mit. Es gab von Truthahn, über verschiedene Aufläufe und Salate bis hin zu Hühnerfüßen so ziemlich alles. Und auch wenn ich auf letzteres verzichtet habe, konnte ich so viele leckere Dinge kosten, dass ich eigentlich für die restliche Woche wieder nichts mehr zu essen bräuchte. Ich habe den ganzen Nachmittag versucht Kartoffelpuffer, oder auf Englisch „Potato Pancakes“ zu machen, die mir aber wahrscheinlich wegen zu wenig Nutzung von Öl nicht so gut wie ich sie von Zuhause kenne gelungen sind aber trotzdem geschmeckt haben! Im Anschluss haben wir wieder zusammen Kartenspiele gespielt. Und dabei klingt der Tagesverlauf so banal, essen und spielen, aber durch die inzwischen sehr guten Freunde, werde ich solche Abende jetzt schon vermissen.
Aktivität drei war sehr spontan. Ich wurde am Samstag 17:45 Uhr angerufen, ob ich 18:00 zu Main Event mit Lasertag spielen möchte. Da der Tag größtenteils aus rumsitzen, Videos schauen, „Unter Sachsen“ lesen und in Gedanken schwelgen bestand (die nicht unbedingt förderlich fürs Durchhalten sind), habe ich mich entschieden mitzugehen. Natürlich haben wir erstmal 1,5 Stunden gewartet, bis auch der letzte da war. Dann haben wir zu zehnt für 10$ pro Person und 15 Minuten Lasertag gespielt. Da das fast ein bisschen zu schade wäre sich nur dafür zu treffen, haben wir dann noch zusammen einen Film geschaut und Reste vom Vortag gegessen. Gegen 2:00 Uhr war ich dann endlich im Bett.
Heute wurde ich zum Crepes machen eingeladen, worauf ich mich auch schon sehr freue. Es werden sogar Lehrer vom internationalen Bereich des Colleges kommen, was auch immer cool ist.

Resume

Manchmal realisiere ich erst, wie viel in einer Woche passiert, wenn ich diesen Blog schreibe. Nach dem Konfliktlöseversuch meinte meine Gastmutter auch schon, wie stark sich mein Leben verändert hat und wie viel jetzt passiert. In Deutschland habe ich viel Zeit mit Videospielen verbracht, was mir zwar auch viel Spaß gemacht aber nicht zu vergleichen ist. In einsamen Momenten vermisse ich mein Leben in Deutschland trotzdem noch aber man lernt es viel mehr wertzuschätzen. Man merkt, dass vieles, was für uns selbstverständlich ist, für einige hier größere Probleme darstellt und das Land der unbegrenzten Möglichkeiten auch mit einem größeren Risiko einhergeht. Ich bin allerdings nach wie vor sehr dankbar über die Möglichkeit. Das ist mir nach dem Friendsgiving, wo wir über Dankbarkeit gesprochen haben nochmal deutlich geworden.
Bilder gibt es diese Woche leider nicht wirklich, da die meisten Aktivitäten wegen dem schlechteren Wetter nun drinnen stattfinden. Trotzdem möchte ich folgendes noch mit euch teilen. Ich finde es ganz interessant, dass die Stadtreinigung in Ohio im Herbst mit einem großen Saugfahrzeug kommt und man als Anwohner das Laub einfach am Straßenrand anhäufen muss. Das wird dann abgeholt und man kann im Frühjahr kostenlos Kompost bekommen. Daher sehen die Straßenränder jetzt aus wie bei uns im Winter nur mit Blättern statt Schnee. Der kommt jetzt seit diesem Wochenende aber auch zum ersten Mal!

Laubhaufen am Straßenrand


Euch wünsche ich einen guten Start in die neue Woche und ich freue mich von euch zu hören!


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